Die KulturBotschaft ist eine eingetragene Stiftung bürgerlichen Rechts. Sie wurde 2012 von Tim Schaffrick gegründet und wird seit Herbst 2023 von Tom Luca Adams geleitet. Mit dem Untertitel Dialog der Weltanschauungen bietet sie an ihrem Standort in der Jüdenstraße 5 in Lutherstadt Wittenberg eine Plattform, um Fragen der Religion, Spiritualität und Kultur zu diskutieren und einen künstlerischen Austausch anzuregen.
Respekt und Austausch
Die KulturBotschaft ist ein offenes Forum!
Ziel ist, eine Plattform zu bieten, um Fragen der Religion, Spiritualität und Kultur zu diskutieren und einen künstlerischen Austausch anzuregen. Sie bietet einen Ort der Begegnung und der Kommunikation. Dieser geistige Austausch findet aus subjektiven Philosophien und Meinungen heraus statt, erfordert allerdings jederzeit Respekt vor Andersdenkenden.
Diplomaten im Sondereinsatz
In Ergänzung zu den Aktivitäten der lutherischen Kirchen versucht die KulturBotschaft eine Moderation des innerchristlichen Dialogs - besser natürlich: die Beteiligung an einer solchen Moderation - versteht sich aber auch als eine Vertretung jener übergroßen Bevölkerungsgruppe in Sachsen-Anhalt (und anderswo), die nicht konfessionell gebunden, oftmals aber doch auf einer spirituellen Suche ist. Dabei positioniert sich die KulturBotschaft auf Seiten eines „Weltbürgertums“ und einer globalen Ethik.
Die KulturBotschaft steht für Bildung, Humanismus und neue Impulse in einer Traditionslinie: Die Reformatoren Philipp Melanchthon, Martin Luther und die Cranachs - aber auch „der historische Dr. Faustus“, Prinz Hamlet (als Student in Shakespeares Weltdrama), Thomas Müntzer, oder auch Lessing. Letztgenannter vertraute auf ein „Christentum der Vernunft“, das sich am Geist der Religion orientierte. Er glaubte, dass die menschliche Vernunft, angestoßen durch Kritik und Widerspruch, sich auch ohne die Hilfe einer göttlichen Offenbarung entwickeln werde. Um eine öffentliche Diskussion gegen die orthodoxe „Buchstabenhörigkeit“ anzuregen, veröffentlichte er in den Jahren 1774 bis 1778 sieben Fragmente eines Ungenannten, die zum so genannten Fragmentenstreit führten. Sein Hauptgegner in diesem als Fragmentenstreit in die Geschichtsbücher eingegangenen Dialogs war der Hamburger Hauptpastor Johann Melchior Goeze, gegen den Lessing unter anderem als Anti-Goeze benannte Schriften von Hermann Samuel Reimarus herausgab. Außerdem trat er in den zahlreichen Auseinandersetzungen mit den Vertretern der herrschenden Lehrmeinung (z.B. im Anti-Goeze) für Toleranz gegenüber den anderen Weltreligionen ein. Diese Haltung setzte er auch dramatisch um in dem Drama Nathan der Weise, als ihm weitere theoretische Veröffentlichungen verboten wurden. In der Schrift "Die Erziehung des Menschengeschlechts" legte er seine Position zusammenhängend dar." Gotthold Ephraim Lessing, Giordano Bruno, Novalis, Anton Wilhelm Amo und viele andere haben Wittenberg als kulturelles Welterbe geprägt.
Infrastruktur
Die KulturBotschaft unterstützt künstlerische, kulturwissenschaftliche und soziologische Recherchen in der Region und überregional und bietet perspektivisch die Infrastruktur und das Networking für Vorträge, Diskussionsveranstaltungen und Ausstellungen. Die ehemalige Buchhandlung will ständige Vertretung der kulturellen Szenen Berlins, Leipzig, der Partnerstädte Wittenbergs und aus aller Welt sein, und lädt dazu ein, sich einzubringen und eigene Projekte gemeinsam zu verwirklichen.
Kunst und Soziokultur
Ein interreligiöser und interkultureller Dialog erfordert die Beschäftigung mit künstlerischen und soziologischen Fragestellungen. Die KulturBotschaft fördert interdisziplinäre Projekte und startete ihr Programm 2013 mit der Themenreihe „Provinz & Prekariat“, die sich mit unsicheren Lebens- und Arbeitssituationen in der Region Wittenberg auseinandersetzte.
Das Selbstverständnis der Kulturbotschaft
Die KulturBotschaft reiht sich in eine Linie anhaltischer Aufklärungstradition in ein Spannungsfeld zwischen Giordano Bruno und den verschiedenen Weltanschauungen der Reformatoren ein (genannt seien exemplarisch Thomas Müntzer, Andreas Bodenstein aka Karlstadt und Philipp Melanchthon). Als später Vertreter sei auch Moses Mendelssohn (* 6. September 1729 in Dessau; † 4. Januar 1786 in Berlin) erwähnt. Dieser war ein deutscher Philosoph der Aufklärung und gilt als Wegbereiter der Haskala (auch "jüdische Aufklärung" bezeichnet). Mendelssohn diente Lessing als Inspiration für die Figur des "Nathan der Weise". Ferner beeinflussen moderne und zeitgenössische Perspektiven das Selbstverständnis und die Philosophie der Kulturbotschaft (besonders Jürgen Habermas und Michel Foucault und deren Arbeitstechniken im Sinne einer Diskurstheorie).
Die KulturBotschaft versteht sich als ein Forum für den Austausch von Gedanken, Überzeugungen, Grundsätzen sowie grundsätzlichen Zweifeln. Wir glauben trotz Finanzkrise, Krieg, politischer sowie sozialer Schwierigkeiten auf vielen Ebenen an den Europäischen Gedanken. Darüber hinaus betrachten wir uns als ständige Vertretung und Kooperationspartnerin der kulturellen Szenen aus allen Ecken der Welt.
Die KulturBotschaft ist Work-in-Progress und Spielwiese für Sinnsuchende. Gläubige aller Art sind hier genauso willkommen wie Heiden, Ketzer und Hexen. Die KulturBotschaft soll einen geschützten Raum bieten (vergleichbar einer diplomatischen Botschaft) in dem Geschlechter- und Kulturkämpfe exemplarisch ausgefochten werden dürfen.
Kultur: der Versuch einer Arbeitsdefinition
Der klassische Begriff von "Kultur" reproduziert das Narrativ eines konzeptionellen, holistischen Kulturverständnis. Selbst innerhalb kleinster Gruppierungen wird allerdings dieses universelle Verständnis von Kultur bereits widerlegt. Vor dem Hintergrund intrakultureller Variation bis Individualismus stellt sich diese Betrachtungsweise als problematisch heraus. In der Praxis kann Kultur als ständig anhaltender Aushandlungsprozess zwischen allen AkteurInnen betrachtet werden. Kultur ist dynamisch und zeichnet keine klaren Grenzen. Wie wir Kultur wahrnehmen hängt maßgeblich mit unserem Erlernten zusammen (vgl. "Habitus" bei Pierre Bourdieu).
Warum "Dialog der Weltanschauungen"?
Die Frage nach einem Dialog drängt auch immer die Frage nach der Perspektive und des eigenen Standpunkts auf, z.B.: wie egozentrisch, nationalistisch, rassistisch, sexistisch bin ich? Wo stehe ich und wie sehr empfinde ich mich selbst als Mittelpunkt des Universums? Wie sehr verlange ich danach, anderen meinen Standpunkt aufzudrängen bzw. den dadurch „eingefärbten“ Dialog als den einzig wahren vorauszusetzen und denjenigen/diejenige der/die sich daran nicht beteiligen will oder kann als so fremd wahrzunehmen, dass er/sie keine/n Freund/in mehr sein kann und dadurch der Weg zur Feindschaft geebnet wird. und hier setzt ein Dialog um Fragen der "Toleranz". Wie dialogfähig sind meine Begrifflichkeiten? Eines der Ziele der KulturBotschaft ist es, diese Dialogfähigkeit zu fördern und zu reformieren und Selbstreflektion und kritisches Denken anzuregen.
Der Dialog versucht dabei einen Teil des Diskurses abzubilden, jene Gesamtheit der Meinungen, Theorien, Denksystemen (=Weltanschauungen) zu Themen, Phänomenen oder Dingen (=Welt), die unsere Handlungsweisen (bewusst oder unbewusst) beeinflussen. Entscheidend ist dabei jedoch die Abgrenzungen zum Begriff der Ideologie. Diese hat zwei grundsätzlich verschiedene Bedeutungen:[1] Als wertfreier Begriff ist Ideologie „die allen politischen Bewegungen, Interessengruppen, Parteien, aber auch Konzepten immanente“ Summe der jeweiligen Zielvorstellungen (siehe Politische Ideologie). Der - insbesondere von Karl Marx geprägte - Ideologiebegriff betrachtet Ideologie als „Gebäude, das zur Verschleierung und damit zur Rechtfertigung der eigentlichen Machtverhältnisse dient“; Marx spricht auch von „Überbau“. Im allgemeinen Sprachgebrauch ist Ideologie ein System von Ideen, Vorstellungen, Werturteilen und Begriffen und kann als Synonym für „Weltanschauung“ Verwendung finden.
„Weltanschauung“
Im deutschen Grundgesetz wird die Weltanschauung als Gegenstück zur Religion angesehen, beide sind gleich zu behandeln:
„Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. (..) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.“
Der Begriff der Weltanschauung hat seinen Ursprung bei Kant, in der Romantik wird er durch die Philosophen Schelling und Novalis populär. Als Germanismus geht er in viele andere Sprachen ein. Durch die nationalsozialistische Verwendung als Gegenbegriff zur Ideologie wird er für den wissenschaftlichen Sprachgebrauch nachhaltig diskreditiert. Heute taucht die „Weltanschauung“ in Diskussionen über die Suche nach Spiritualität und postmoderne Beliebigkeit auf, wenn es um das Bedürfnis einer sinnvollen Lebensgestaltung geht. Die KulturBotschaft möchte dem Begriff auf die Spur kommen und im Sinne des Grundgesetzes verstanden wissen.
"Alles ist erlaubt, nur Propaganda ist verboten."
Toleranz statt Firlefanz!
Immer auf säkularem Boden stehend, war ein Schwerpunkt der KulturBotschaft der Versuch der Anregung eines ökumenischen Dialogs, Versuch der Kommunikation einer „innerchristlichen“ Annäherung.
Dabei tritt sie nicht als Gegenspielerin, sondern als Ergänzung auf.
Das große Reformationsjubiläum sollte nicht ohne den Papst - aber auch nicht ohne Vertreter anderer Weltreligionen über die Bühne gehen.
Der Papst wurde von uns eingeladen, selbst aber bei den Katholiken vor Ort und bei der "Reformationsbotschafterin" Margot Kässmann gab es da allergrößte Zurückhaltung, "Von mir aus soll er halt kommen" meinte letztere ...
Geschichte darf nicht konserviert werden, sondern muss immer im Kontext aktueller Entwicklungen neu betrachtet, vermittelt, diskutiert und gelebt werden. Das von der evangelischen Kirche für 2013 proklamierte Jahresthema „Reformation und Toleranz“ forderte einen christlich-islamisch-jüdisch-atheistisch-und-andersgläubigen Dialog geradezu heraus.
Darüber hinaus sieht sich die KulturBotschaft als eine Vertretung (multi-)kultureller Werte, künstlerischer, kultursoziologischer und geisteswissenschaftlicher Perspektiven auch abseits der offiziellen Festivitäten wie seinerzeit "Luther 2017"
Wittenberg
Die Reformatoren Philipp Melanchthon, Martin Luther, Katharina von Bora und die Cranachs - aber auch der "historische" Dr. Faustus, Prinz Hamlet (als Student in Shakespeares Weltdrama), Thomas Müntzer, Gotthold Ephraim Lessing (Ringparabel!), Giordano Bruno, Novalis, Anton Wilhelm Amo (erster Professor afrikanischer Herkunft) - und viele andere mehr haben Wittenberg als kulturelles Welterbe geprägt.
Die Stadt Wittenberg ist einer der welthistorisch bedeutsamsten Orte in Deutschland. Wittenberg ist eine kleine Stadt, allerdings reicht ihr Horizont weit über den einer typischen Kleinstadt hinaus. Wittenberg ist „Bedeutungsort des Christentums“, Pilgerstätte und nationales Symbol.
Gleichzeitig steht die Stadt in der neuesten Geschichte im Spannungsfeld von Ideologien und Diskussionen um die Entwicklung der Neuen Bundesländer. Kulturgeschichtlich betrachtet ist Wittenberg ein Mythos, dessen Erzählung es zu untersuchen und zu hinterfragen gilt.